Wednesday, May 1, 2013

Photography: Die Blende

Immer wieder werde ich nach Tipps und Tricks zur Fotografie gefragt. Meiner Meinung nach ist Verständnis der Grundlagen dazu entscheidend.

Heute geht es um die Blende.

Die Wahl der Blende hat die wahrscheinlich größte Auswirkung auf eine Aufnahme. 

Durch eine große Blende gelangt innerhalb der Belichtungszeit viel Licht auf den Chip. Daher muss für eine ausgewogene Belichtung eine kurze Zeit genutzt werden. Kurz im Verhältnis zur gleichen Aufnahme mit einer weiter geschlossenen Blende.

Eine offene Blende führt auch zu geringer Tiefenschärfe. Eine geringe Tiefenschärfe bedeutet, dass vor und hinter dem Fokuspunkt - also dem Punkt, auf dem man entscheided, zu fokussieren - die Schärfe abnimmt, bis hin zu aufgelösten Formen und "nebulöser Darstellung".

Ich habe eine Reihe Testaufnahmen für Euch gemacht, um Euch zu zeigen, worum es geht.

Ich habe ein paar Aufnahmen von einem Pflaumenbaum im Garten gemacht. Nicht von einem Stativ aus, wie es sich für so eine Reihe gehört, aber immerhin weitgehend der gleiche Bildausschnitt in jedem Bild. Fokussiert habe ich immer auf die gleiche Blüte vom Vordergrund.

Die einzelnen Bilder sind beschriftet mit den Kameraeinstellungen.








Die Aufnahmen entstanden alle mit meiner Canon 60D und einem meiner Lieblingsobjektive: Der Festbrennweite Canon 50mm f/1.8.

Bei dem Vergleich der Bilder fällt sofort auf, wie der Hintergrund erst sehr deutlich erkennbar ist, dann mehr und mehr verschwindet.

Was ist jetzt "richtig"? Es gibt kein objektives richtig oder falsch in der Fotografie - jenseits von völlig versauten Aufnahmen, jedenfalls.

Aber für dieses Motiv finde ich die beiden letzten Aufnahmen eindeutig passender, als die erste oder die zweite.

Der Baum hat viele Blüten, richtig. Aber, wenn ich sie alle darstellen will, kann ich unmöglich den Blüten gerecht werden. Ich hätten dann entweder den Baum aus der Entfernung fotografieren müssen, um dem ganzen Baum eine Bühne zu geben, oder ich hätte ganz nah an eine einzelne Blüte herangehen müssen, um keine störenden Elemente mit im Bild zu haben. Im ersten Bild stören mich die anderen Äste, das Gewimmel und die verschiedenen Farben sehr.
Je unschärfer dieser Bildteil wird, desto weniger stört er. Der Unterschied zwischen dem Hintergrund und dem Vordergrund schafft eine angenehme Abwechslung bei der Betrachtung. Und das entscheidende Element, der Zweig mit den Blüten, tritt hervor.

Bei anderen Aufnahmen ist es ein Fluch, wenn die Schärfeebene so knapp ist. Mit diesem Objektiv kann man bei Portraits schon mal ein Auge scharf stellen, die Nasenspitze aber schon unscharf. Kommt man in so eine Situation (abhängig von der Blendenöffnung und der Entfernung zum Motiv), dann muss man die Blende ein wenig weiter schließen. Nach einer Weile geht das in Fleisch und Blut über.

Blende... das hat auch immer viel mit Technik zu tun. Auch das will ich liefern.

Die Blendenöffnung gibt - vereinfacht gesagt - an, wie weit das Objektiv geöffnet ist. Eine kleine Blendenzahl gibt eine große Blendenöffnung an. Theoretisch ist f/1.0 die größte Öffnung. So ein Objektiv habe ich aber noch nie in der Hand gehalten.

Wird die Blendenzahl größer, also beispielsweise f/2.5, dann ist die Objektivöffnung kleiner.

Man kann sich die Blendenöffnung wie ein Rohr vorstellen, durch das Wasser strömt. Je größer die Öffnung, desto mehr Wasser (in gleicher Zeit) fließt hindurch.

Wenn ich für meine Belichtung eine bestimmte Menge "Wasser" benötige, um genau so zu belichten, wie ich das möchte, dann muss ich das Rohr, bzw. die Blende, nur für einen ganz kurzen Moment öffnen. Je kleiner ich das Rohr aber gestalte, desto länger dauert es, bis ich die nötige Menge "Wasser", also Licht, erhalten habe.

Bei den Bildern oben habe ich die ISO unverändert gelassen. Immer ISO 100.

Mit meinem verwendeten Objektiv hatte ich die Möglichkeit, die Blende von einem Wert noch deutlich höher als bei den Testaufnahmen, bis zu f/1.8 herunterzugehen mit meiner Einstellung der Blende.

Wie man erkennen kann, ist die benötigte Zeit dabei auch immer kürzer geworden.

Habe ich bei f/13 noch 1/40 Sekunde für lang die Belichtung benötigt, war es bei f/7.1 nur noch 1/100 Sekunde.

Bei f/2.5 habe ich 1/800 Sekunde belichtet und bei f/1.8 nur noch halb so lang, nämlich 1/1600.

Die Blende wird recht kompliziert berechnet und ergibt daher recht ungleiche Zahlen. Schließt man die Blende doppelt so weit, braucht man doppelt so lange Zeit für die Belichtung.

Von 2.5 auf 1.8 ist so eine Stufe der Halbierung. Wenn ich also die Blende von 2.5 auf 1.8 weiter öffne, brauche ich nur noch halb so lang für die Belichtung.

Bei meinen Bildern arbeite ich manchmal im Manuellen Modus, häufig aber im Blendenvorwahlmodus, bei Canon heißt der Av. Bei anderen Kameras heißt er A oder ähnlich.

Über die Blende entscheidet man also im Wesentlichen über 2 Dinge, die im Bild sichtbar sind: Die Tiefenschärfe und die Belichtungszeit.

Wenn die Belichtungszeit besonders kurz sein muss, weil sich Dinge schnell bewegen, oder weil durch fehlendes Licht ohnehin kaum Gelegenheit besteht, die Kamera ruhig zu halten, muss die Blende soweit geöffnet werden, wie möglich.

Soll die Belichtungszeit besonders lang sein, beispielsweise, um Lichtspuren zu fotografieren, fließendes Wasser in "Seide" zu verwandeln, etc. muss die Blende weit geschlossen werden.

Soll die Tiefenschärfe weit ausgedehnt werden, muss die Blende geschlossen werden. Soll die Schärfeebene sehr knapp sein, muss die Blende geöffent werden.

Weil der Blendenwert aber immer verschiedene Dinge beeinflusst, gibt es keine "richtige" Blende und keine "falsche". Es ist situationsabhängig.

Eigentlich besteht jedes Foto aus Kompromissen der Einstellungen, die man wählt. Nur selten hat man den Luxus, dass alles perfekt zusammenpasst. Aber nach diesem Luxus suchen wir bei jedem Bild.


Wollt Ihr mehr Artikel in dieser Art lesen?
Ich überlege, noch einen über Belichtungszeit zu schreiben, einen über ISO, einen über die drei Werte in Kombination. Einen Artikel über Bildaufbau? Und so weiter. Wenn Ihr darauf Lust habt, dann sagt mir Bescheid. Ich werde versuchen, das hier zu einer runden Sache zu machen.

Canon 60 D / Canon 50mm f/1.8 at 1.8 / ISO 100 / 1/500 sec.

Bei dieser Aufnahme kann man deutlich sehen, wie gering der Schärfebereich ist. Nicht alle Blüten des einen Zweigs haben es geschafft, sich in den Schärfebereich zu bewegen.

Weil im Übrigen der Abstand zum Hintergrund relativ hoch ist, ist dieser fast vollkommen in Unschärfe aufgelöst.




Canon 60D / Canon 50mm f/1.8 at 1.8 / ISO 100 / 1/4000 sec.

2 comments:

  1. Schön geschrieben!
    Gerne mehr davon...

    Gruß https://www.facebook.com/reckordzeitstudio

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  2. Toll erklärt! Würde auch gerne mehr davon lesen :-)

    Liebe Grüße,
    Kerstin Hahn - einsteinchen -

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